∞Weitläufiger Saal, mit
Nebengemächern, verziert und aufgeputzt zur
Mummenschanz.
∞Herold.
5065Denkt nicht ihr seyd in deutschen Gränzen
5066Von Teufels-, Narren- und Todtentänzen,
5067Ein heitres Fest erwartet euch.
5068Der Herr, auf seinen Römerzügen
5069Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergnügen,
5070Die hohen Alpen überstiegen,
5071Gewonnen sich ein heitres Reich.
5072Der Kaiser, er, an heiligen Solen,
5073Erbat sich erst das Recht zur Macht,
5074Und als er ging die Krone sich zu holen,
5075Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.
5076Nun sind wir alle neugeboren;
5077Ein jeder weltgewandte Mann
5078Zieht sie behaglich über Kopf und Ohren;
5079Sie ähnlet ihn verrückten Thoren,
5080Er ist darunter weise wie er kann.
5081Ich sehe schon wie sie sich schaaren,
5082Sich schwankend sondern, traulich paaren;
5083Zudringlich schließt sich Chor an Chor.
272
5084Herein, hinaus, nur unverdrossen;
5085Es bleibt doch endlich nach wie vor,
5086Mit ihren hunderttausend Possen,
5087Die Welt ein einzig großer Thor.
∞Gärtnerinnen.
∞Gesang begleitet von
Mandolinen.
5088Euren Beyfall zu gewinnen
5089Schmückten wir uns diese Nacht,
5090Junge Florentinerinnen
5091Folgten deutschen Hofes Pracht;
5092Tragen wir in braunen Locken
5093Mancher heitern Blume Zier;
5094Seidenfäden, Seidenflocken
5095Spielen ihre Rolle hier.
5096Denn wir halten es verdienstlich,
5097Lobenswürdig ganz und gar,
5098Unsere Blumen, glänzend künstlich,
5099Blühen fort das ganze Jahr.
5100Allerlei gefärbten Schnitzeln
5101Ward symmetrisch Recht gethan;
5102Mögt ihr Stück für Stück bewitzeln,
5103Doch das Ganze zieht euch an.
∞Herold.
∞Gärtnerinnen.
∞Olivenzweig
mit Früchten.
∞Phantasiekranz.
∞Phantasiestraus.
∞Ausforderung.
∞Rosenknospen.
∞Unter grünen Laubgängen
putzen die Gärtnerinnen zierlich ihren Kram auf.
∞Gärtner.
∞Gesang begleitet von
Theorben.
5158Blumen sehet ruhig sprießen,
5159Reizend euer Haupt umzieren,
5160Früchte wollen nicht verführen,
5161Kostend mag man sie genießen.
5162Bieten bräunliche Gesichter
5163Kirschen, Pfirschen, Königspflaumen,
5164Kauft! denn gegen Zung’ und Gaumen
5165Hält sich Auge schlecht als Richter.
5166Kommt von allerreifsten Früchten
5167Mit Geschmack und Lust zu speisen
5168Ueber Rosen läßt sich dichten,
5169In die Aepfel muß man beißen.
5170Sey’s erlaubt uns anzupaaren
5171Eurem reichen Jugendflor,
5172Und wir putzen reifer Waaren
5173Fülle nachbarlich empor.
∞Unter Wechselgesang,
begleitet von Guitarren und Theorben, fahren beide Chöre fort
ihre Waaren stufenweis in die Höhe zu schmücken und
auszubieten.
∞Mutter
5178Mädchen als du kamst an’s Licht
5179Schmückt ich dich im Häubchen,
5180Warst so lieblich von Gesicht,
5181Und so zart am Leibchen.
5182Dachte sie sogleich als Braut,
5183Gleich dem Reichsten angetraut,
5184Dachte dich als Weibchen.
5185Ach! Nun ist schon manches Jahr
5186Ungenützt verflogen,
5187Der Sponsirer bunte Schaar
5188Schnell vorbei gezogen;
5189Tanztest mit dem einen flink,
5190Gabst dem andern stillen Wink
5191Mit dem Ellenbogen.
∞
Gespielinnen jung und schön
gesellen sich hinzu, ein vertrauliches Geplauder wird
laut.
∞
Fischer und
Vogelsteller. Mit
Netzen, Angel und Leimruthen, auch sonstigem Geräthe treten auf,
mischen sich unter die schönen Kinder. Wechselseitige Versuche zu gewinnen, zu fangen,
zu entgehen und fest
zu halten geben zu den angenehmsten Dialogen Gelegenheit.
∞Holzhauer
∞treten ein ungestüm
und ungeschlacht.
5199Nur Platz! nur Blöße!
5200Wir brauchen Räume,
5201Wir fällen Bäume
5202Die krachen, schlagen:
5203Und wenn wir tragen
5204Da gibt es Stöße.
278
5205Zu unserm Lobe
5206Bringt dieß in’s Reine;
5207Denn wirkten Grobe
5208Nicht auch im Lande,
5209Wie kämen Feine
5210Für sich zu Stande,
5211So sehr sie witzten?
5212Des seyd belehret;
5213Denn ihr erfröret
5214Wenn wir nicht schwitzten.
∞Pulcinelle
∞täppisch, fast
läppisch.
5215Ihr seyd die Thoren
5216Gebückt geboren.
5217Wir sind die Klugen
5218Die nie was trugen;
5219Denn unsre Kappen
5220Jacken und Lappen
5221Sind leicht zu tragen.
5222Und mit Behagen
5223Wir immer müßig
5224Pantoffelfüßig,
5225Durch Markt und Haufen
5226Einher zu laufen.
5227Gaffend zu stehen,
5228Uns anzukrähen;
279
5229Auf solche Klänge
5230Durch Drang und Menge
5231Aalgleich zu schlüpfen,
5232Gesammt zu hüpfen,
5233Vereint zu toben.
5234Ihr mögt uns loben,
5235Ihr mögt uns schelten
5236Wir lassen’s gelten.
∞Parasiten
∞schmeichelnd-lüstern.
5237Ihr wackern Träger
5238Und eure Schwäger,
5239Die Kohlenbrenner,
5240Sind unsre Männer.
5241Denn alles Bücken,
5242Bejah’ndes Nicken,
5243Gewundne Phrasen,
5244Das Doppelblasen,
5245Das wärmt und kühlet
5246Wie’s einer fühlet,
5247Was könnt es frommen?
5248Es möchte Feuer
5249Selbst ungeheuer
5250Vom Himmel kommen,
5251Gäb’ es nicht Scheite
5252Und Kohlentrachten
5253Die Heerdesbreite
5254Zur Gluth entfachten.
280
5255Da brät’s und prudelt’s,
5256Da kocht’s und strudelt’s.
5257Der wahre Schmecker,
5258Der Tellerlecker,
5259Er riecht den Braten,
5260Er ahnet Fische;
5261Das regt zu Thaten
5262An Gönners Tische.
∞Trunkner
∞unbewußt.
5263Sey mir heute nichts zuwider!
5264Fühle mich so frank und frei;
5265Frische Luft und heitre Lieder
5266Holt’ ich selbst sie doch herbei.
5267Und so trink’ ich! trinke, trinke.
5268Stoßet an ihr! Tinke, Tinke!
5269Du dorthinten komm heran!
5270Stoßet an, so ist’s gethan.
5271Schrie mein Weibchen doch
entrüstet,
5272Rümpfte diesen bunten Rock,
5273Und, wie sehr ich mich gebrüstet,
5274Schalt mich einen Maskenstock.
5275Doch ich trinke! Trinke, Trinke!
5276Angeklungen! Tinke, Tinke!
5277Maskenstöcke stoßet an!
5278Wenn es klingt so ist’s gethan.
∞Chor.
∞ Der
Herold. Kündigt verschiedene Poeten an, Naturdichter, Hof-
und Rittersänger, zärtliche so wie Enthusiasten. Im
Gedräng von Mitwerbern aller Art, läßt keiner den Andern zum
Vortrag kommen. Einer schleicht mit wenigen Worten
vorüber.
∞Satyriker.
∞Die Nacht- und Grabdichter
lassen sich entschuldigen, weil sie so eben im interessantesten
Gespräch mit einem frischerstandenen Vampyren begriffen seyen;
woraus eine neue Dichtart sich vielleicht entwickeln könnte; der
Herold muß es gelten lassen und ruft indessen die griechische
Mythologie hervor, die, selbst in moderner Maske, weder
Charakter noch Gefälliges verliert.