∞Die
Grazien.
∞Die
Parzen.
∞Atropos.
5305Mich die älteste zum Spinnen
5306Hat man dießmal eingeladen;
5307Viel zu denken, viel zu sinnen
5308Gibt’s beim zarten Lebensfaden.
5309Daß er euch gelenk und weich sey
5310Wußt’ ich feinsten Flachs zu sichten;
5311Daß er glatt und schlank und gleich sey
5312Wird der kluge Finger schlichten.
∞Klotho.
5317Wißt in diesen letzten Tagen
5318Ward die Scheere mir vertraut;
5319Denn man war von dem Betragen
5320Unsrer Alten nicht erbaut.
5321Zerrt unnützeste Gespinnste
5322Lange sie an Licht und Luft,
5323Hoffnung herrlichster Gewinnste
5324Schleppt sie schneidend zu der Gruft.
5325Doch auch ich im Jugend-Walten
5326Irrte mich schon hundertmal;
5327Heute mich im Zaum zu halten,
5328Scheere steckt im Futteral.
∞Lachesis.
5333Mir, die ich allein verständig,
5334Blieb das Ordnen zugetheilt;
5335Meine Weise, stets lebendig,
5336Hat noch nie sich übereilt.
5337Fäden kommen, Fäden weifen,
5338Jeden lenk’ ich seine Bahn,
5339Keinen laß ich überschweifen,
5340Füg’ er sich im Kreis heran.
∞Herold.
5345Die jetzo kommen werdet ihr nicht kennen,
5346Wär’t ihr noch so gelehrt in alten Schriften;
5347Sie anzusehn die so viel Uebel stiften
5348Ihr würdet sie willkommne Gäste nennen.
5349Die Furien sind
es, niemand wird uns glauben,
5350Hübsch, wohlgestaltet, freundlich, jung von
Jahren;
5351Laßt euch mit ihnen ein, ihr sollt erfahren
5352Wie schlangenhaft verletzen solche Tauben.
∞Alecto.
5357Was hilft es euch, ihr werdet uns vertrauen,
5358Denn wir sind hübsch und jung und
Schmeichelkätzchen,
5359Hat einer unter euch ein Liebe-Schätzchen;
5360Wir werden ihm so lang’ die Ohren krauen,
5361Bis wir ihm sagen dürfen, Aug in Auge:
5362Daß sie zugleich auch dem und jenem winke,
5363Im Kopfe dumm, im Rücken krumm, und hinke,
5364Und, wenn sie seine Braut ist, gar nichts tauge.
∞Megära.
5369Das ist nur Spaß! denn, sind sie erst verbunden,
5370Ich nehm’ es auf, und weiß, in allen Fällen,
5371Das schönste Glück durch Grille zu vergällen;
5372Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die
Stunden.
5373Und niemand hat Erwünschtes fest in Armen,
5374Der sich nicht nach Erwünschterem thörig sehnte,
5375Vom höchsten Glück, woran er sich gewöhnte;
5376Die Sonne flieht er, will den Frost erwarmen.
∞Tisiphone.
5381Gift und Dolch statt böser Zungen
5382Misch’ ich, schärf’ ich dem Verräther;
5383Liebst du andre, früher, später
5384Hat Verderben dich durchdrungen.
5385Muß der Augenblicke Süßtes
5386Sich zu Gischt und Galle wandeln!
5387Hier kein Markten, hier kein Handeln
5388Wie er es beging’, er büßt es.
∞Herold.
5393Belieb’ es euch zur Seite wegzuweichen,
5394Denn was jetzt kommt ist nicht von eures Gleichen.
5395Ihr seht wie sich ein Berg herangedrängt,
5396Mit bunten Teppichen die Weichen stolz behängt,
5397Ein Haupt mit langen Zähnen, Schlangenrüssel,
5398Geheimnißvoll, doch zeig’ ich euch den Schlüssel.
5399Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau,
5400Mit feinem Stäbchen lenkt sie ihn genau,
5401Die andre droben stehend herrlich-hehr
5402Umgibt ein Glanz der blendet mich zu sehr.
5403Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,
5404Die eine bang, die andre froh zu schauen,
5405Die eine wünscht, die andre fühlt sich frei,
5406Verkünde jede wer sie sey.
∞Furcht.
5407Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter,
5408Dämmern durch’s verworrne Fest,
5409Zwischen diese Truggesichter
5410Bannt mich ach die Kette fest.
5411Fort, ihr lächerlichen Lacher!
5412Euer Grinsen gibt Verdacht;
5413Alle meine Widersacher
5414Drängen mich in dieser Nacht.
5415Hier! ein Freund ist Feind geworden,
5416Seine Maske kenn’ ich schon;
5417Jener wollte mich ermorden,
5418Nun entdeckt schleicht er davon.
∞Hoffnung.
5423Seyd gegrüßt ihr lieben Schwestern.
5424Habt ihr euch schon heut und gestern
5425In Vermummungen gefallen,
5426Weiß ich doch gewiß von allen
5427Morgen wollt ihr euch enthüllen.
5428Und wenn wir bei Fackelscheine
5429Uns nicht sonderlich behagen,
5430Werden wir in heitern Tagen,
5431Ganz nach unserm eignen Willen,
5432Bald gesellig, bald alleine
5433Frei durch schöne Fluren wandeln,
5434Nach Belieben ruhn und handeln
5435Und in sorgenfreiem Leben,
5436Nie entbehren, stets erstreben;
288
5437Ueberall willkommne Gäste
5438Treten wir getrost hinein:
5439Sicherlich es muß das Beste
5440Irgendwo zu finden seyn.
∞Klugheit.
5441Zwey der größten Menschenfeinde
5442Furcht und Hoffnung angekettet,
5443Halt’ ich ab von der Gemeinde;
5444Platz gemacht! ihr seyd gerettet.
5445Den lebendigen Colossen
5446Führ’ ich, seht ihr, thurmbeladen
5447Und er wandelt unverdrossen
5448Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden.
5449Droben aber auf der Zinne
5450Jene Göttin mit behenden
5451Breiten Flügeln, zum Gewinne
5452Allerseits sich hinzuwenden.
∞Zoilo-Thersites.
5457Hu! Hu! da komm’ ich eben recht,
5458Ich schelt’ euch allzusammen schlecht!
5459Doch was ich mir zum Ziel ersah
5460Ist oben Frau Victoria,
289
5461Mit ihrem weißen Flügelpaar,
5462Sie dünkt sich wohl sie sey ein Aar,
5463Und wo sie sich nur hingewandt
5464Gehör’ ihr alles Volk und Land;
5465Doch, wo was Rühmliches gelingt
5466Es mich sogleich in Harnisch bringt.
5467Das Tiefe hoch, das Hohe tief,
5468Das Schiefe grad, das Grade schief,
5469Das ganz allein macht mich gesund,
5470So will ich’s auf dem Erdenrund.
∞Herold.
5471So treffe dich, du Lumpenhund,
5472Des frommen Stabes Meisterstreich,
5473Da krümm’ und winde dich sogleich! –
5474Wie sich die Doppelzwerggestalt
5475So schnell zum eklen Klumpen ballt! –
5476– Doch Wunder! – Klumpen wird zum Ey,
5477Das bläht sich auf und platzt entzwey.
5478Nun fällt ein Zwillingspaar heraus,
5479Die Otter und die Fledermaus;
5480Die eine fort im Staube kriecht,
5481Die andre schwarz zur Decke fliegt.
5482Sie eilen draußen zum Verein;
5483Da möcht’ ich nicht der Dritte seyn.
∞Gemurmel.
5484Frisch! dahinten tanzt man schon –
5485Nein! Ich wollt’ ich wär’ davon –
290
5486Fühlst du, wie uns das umflicht,
5487Das gespenstische Gezücht? –
5488Saus’t es mir doch über’s Haar –
5489Ward ich’s doch am Fuß gewahr –
5490Keiner ist von uns verletzt –
5491Alle doch in Furcht gesetzt –
5492Ganz verdorben ist der Spas –
5493Und die Bestien wollten das.
∞Herold.
5494Seit mir sind bei Maskeraden
5495Heroldspflichten aufgeladen,
5496Wach’ ich ernstlich an der Pforte,
5497Daß euch hier am lustigen Orte
5498Nichts Verderbliches erschleiche,
5499Weder wanke, weder weiche.
5500Doch ich fürchte durch die Fenster
5501Ziehen luftige Gespenster,
5502Und von Spuk und Zaubereyen
5503Wüßt’ ich euch nicht zu befreien,
5504Machte sich der Zwerg verdächtig,
5505Nun! dort hinten strömt es mächtig.
5506Die Bedeutung der Gestalten
5507Möcht’ ich amtsgemäß entfalten.
5508Aber was nicht zu begreifen
5509Wüßt’ ich auch nicht zu erklären,
5510Helfet alle mich belehren! –
5511Seht ihr’s durch die Menge schweifen? –
291
5512Vierbespannt ein prächtiger Wagen
5513Wird durch alles durchgetragen;
5514Doch er theilet nicht die Menge,
5515Nirgend seh’ ich ein Gedränge.
5516Farbig glitzert’s in der Ferne,
5517Irrend leuchten bunte Sterne,
5518Wie von magischer Laterne,
5519Schnaubt heran mit Sturmgewalt.
5520Platz gemacht! Mich schaudert’s!
∞Knabe
∞Wagenlenker.
5520Halt!
5521Rosse hemmet eure Flügel,
5522Fühlet den gewohnten Zügel,
5523Meistert euch wie ich euch meistre,
5524Rauschet hin wenn ich begeistre –
5525Diese Räume laßt uns ehren!
5526Schaut umher wie sie sich mehren
5527Die Bewundrer, Kreis um Kreise.
5528Herold auf! nach deiner Weise,
5529Ehe wir von euch entfliehen,
5530Uns zu schildern uns zu nennen;
5531Denn wir sind Allegorien
5532Und so solltest du uns kennen.
∞Herold.
5535Man muß gestehn:
5536Erstlich bist du jung und schön.
5537Halbwüchsiger Knabe bist du; doch die Frauen
5538Sie möchten dich ganz ausgewachsen schauen.
5539Du scheinest mir ein künftiger Sponsirer,
5540Recht so von Haus aus ein Verführer.
∞Herold.
5543Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken
5544Erheitert von juwelnem Band!
5545Und welch ein zierliches Gewand
5546Fließt dir von Schultern zu den Socken,
5547Mit Purpursaum und Glitzertand!
5548Man könnte dich ein Mädchen schelten,
5549Doch würdest du, zu Wohl und Weh,
5550Auch jetzo schon bei Mädchen gelten,
5551Sie lehrten dich das A. B. C.
∞Herold.
5554Er scheint ein König reich und milde,
5555Wohl dem der seine Gunst erlangt!
293
5556Er hat nichts weiter zu erstreben,
5557Wo’s irgend fehlte späht sein Blick,
5558Und seine reine Lust zu geben
5559Ist größer als Besitz und Glück.
∞Herold.
5562Das Würdige beschreibt sich nicht.
5563Doch das gesunde Mondgesicht,
5564Ein voller Mund, erblühte Wangen,
5565Die unterm Schmuck des Turbans prangen.
5566Im Faltenkleid ein reich Behagen!
5567Was soll ich von dem Anstand sagen?
5568Als Herrscher scheint er mir bekannt.
∞Knabe
Lenker.
5569Plutus, des Reichthums Gott genannt,
5570Derselbe kommt in Prunk daher
5571Der hohe Kaiser wünscht ihn sehr.
∞Knabe
Lenker.
5573Bin die Verschwendung, bin die Poesie;
5574Bin der Poet, der sich vollendet
5575Wenn er sein eigenst Gut verschwendet.
5576Auch ich bin unermeßlich reich
5577Und schätze mich dem Plutus gleich,
294
5578Beleb’ und schmück’ ihm Tanz und Schmaus,
5579Das was ihm fehlt das theil’ ich aus.
∞Knabe
Lenker.
5582Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen,
5583Schon glänzt’s und glitzert’s um den Wagen.
5584Da springt eine Perlenschnur hervor,
∞(immerfort
umherschnippend)
5585Nehmt goldne Spange für Hals und Ohr;
5586Auch Kamm und Krönchen ohne Fehl,
5587In Ringen köstlichstes Juwel;
5588Auch Flämmchen spend’ ich dann und wann,
5589Erwartend wo es zünden kann.
∞Herold.
5590Wie greift und hascht die liebe Menge!
5591Fast kommt der Geber in’s Gedränge.
5592Kleinode schnippt er wie ein Traum
5593Und alles hascht im weiten Raum.
5594Doch da erleb’ ich neue Pfiffe,
5595Was einer noch so emsig griffe
5596Deß hat er wirklich schlechten Lohn,
5597Die Gabe flattert ihm davon.
5598Es lös’t sich auf das Perlenband,
5599Ihm krabbeln Käfer in der Hand,
5600Er wirft sie weg der arme Tropf,
5601Und sie umsummen ihm den Kopf.
295
5602Die andern statt solider Dinge
5603Erhaschen frevle Schmetterlinge.
5604Wie doch der Schelm so viel verheißt,
5605Und nur verleiht was golden gleißt!
∞Knabe
Lenker.
5606Zwar Masken, merk’ ich, weißt du zu verkünden,
5607Allein der Schale Wesen zu ergründen
5608Sind Herolds Hofgeschäfte nicht;
5609Das fordert schärferes Gesicht.
5610Doch hüt’ ich mich vor jeder Fehde;
5611An dich, Gebieter, wend’ ich Frag und Rede.
∞(Zu Plutus
gewendet)
5612Hast du mir nicht die Windesbraut
5613Des Viergespannes anvertraut?
5614Lenk’ ich nicht glücklich wie du leitest?
5615Bin ich nicht da wohin du deutest?
5616Und wußt’ ich nicht auf kühnen Schwingen
5617Für dich die Palme zu erringen?
5618Wie oft ich auch für dich gefochten,
5619Mir ist es jederzeit geglückt:
5620Wenn Lorbeer deine Stirne schmückt,
5621Hab’ ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?
∞Plutus.
5622Wenn’s nöthig ist daß ich dir Zeugniß leiste,
5623So sag’ ich gern: Bist Geist von meinem Geiste.
5624Du handelst stets nach meinem Sinn,
5625Bist reicher als ich selber bin.
296
5626Ich schätze, deinen Dienst zu lohnen,
5627Den grünen Zweig vor allen meinen Kronen.
5628Ein wahres Wort verkünd’ ich allen:
5629Mein lieber Sohn an dir hab’ ich Gefallen.
∞Knabe
Lenker
∞zur Menge.
5630Die größten Gaben meiner Hand
5631Seht! hab’ ich rings umher gesandt.
5632Auf dem und jenem Kopfe glüht
5633Ein Flämmchen das ich angesprüht,
5634Von einem zu dem andern hüpft’s,
5635An diesem hält sich’s, dem entschlüpft’s,
5636Gar selten aber flammt’s empor,
5637Und leuchtet rasch in kurzem Flor;
5638Doch vielen, eh man’s noch erkannt,
5639Verlischt es, traurig ausgebrannt.
∞Weiber-Geklatsch.
∞Der
Abgemagerte.
5646Vom Leibe mir ekles Weibsgeschlecht!
5647Ich weiß dir komm ich niemals recht. –
5648Wie noch die Frau den Herd versah,
5649Da hieß ich Avaritia;
297
5650Da stand es gut um unser Haus:
5651Nur viel herein, und nichts hinaus!
5652Ich eiferte für Kist und Schrein;
5653Das sollte wohl gar ein Laster seyn.
5654Doch als in allerneusten Jahren
5655Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen,
5656Und wie ein jeder böser Zahler,
5657Weit mehr Begierden hat als Thaler,
5658Da bleibt dem Manne viel zu dulden,
5659Wo er nur hinsieht da sind Schulden.
5660Sie wendet’s, kann sie was erspulen,
5661An ihren Leib, an ihren Buhlen;
5662Auch speis’t sie besser, trinkt noch mehr
5663Mit der Sponsirer leidigem Heer;
5664Das steigert mir des Goldes Reiz:
5665Bin männlichen Geschlechts, der Geiz!
∞Hauptweib.
5666Mit Drachen mag der Drache geizen,
5667Ist’s doch am Ende Lug und Trug!
5668Er kommt die Männer aufzureizen,
5669Sie sind schon unbequem genug.
∞Weiber in
Masse.
∞Herold.
5675Bei meinem Stabe! Ruh gehalten! –
5676Doch braucht es meiner Hülfe kaum,
5677Seht wie die grimmen Ungestalten
5678Bewegt im rasch gewonnenen Raum
5679Das Doppel-Flügelpaar entfalten.
5680Entrüstet schütteln sich der Drachen
5681Umschuppte, feuerspeiende Rachen;
5682Die Menge flieht, rein ist der Platz.
∞ Plutus steigt vom
Wagen.
∞Herold.
5683Er tritt herab, wie königlich!
5684Er winkt, die Drachen rühren sich,
5685Die Kiste haben sie vom Wagen
5686Mit Gold und Geiz herangetragen,
5687Sie steht zu seinen Füßen da:
5688Ein Wunder ist es wie’s geschah.
∞Plutus
∞zum Lenker.
5689Nun bist du los der allzulästigen Schwere,
5690Bist frei und frank, nun frisch zu deiner Sphäre!
5691Hier ist sie nicht! Verworren, schäckig, wild
5692Umdrängt uns hier ein fratzenhaft Gebild.
5693Nur wo du klar in’s holde Klare schaust,
5694Dir angehörst und dir allein vertraust,
5695Dorthin wo Schönes, Gutes nur gefällt,
5696Zur Einsamkeit! – Da schaffe deine Welt.
∞Knabe
Lenker.
5697So acht’ ich mich als werthen Abgesandten,
5698So lieb’ ich dich als nächsten Anverwandten.
5699Wo du verweilst ist Fülle, wo ich bin
5700Fühlt jeder sich im herrlichsten Gewinn;
5701Auch schwankt er oft im widersinnigen Leben:
5702Soll er sich dir? soll er sich mir ergeben?
5703Die Deinen freilich können müßig ruhn,
5704Doch wer mir folgt hat immer was zu thun.
5705Nicht ins Geheim vollführ’ ich meine Thaten
5706Ich athme nur und schon bin ich verrathen.
5707So lebe wohl! Du gönnst mir ja mein Glück,
5708Doch lisple leis’ und gleich bin ich zurück.
∞(Ab wie er kam.)
∞Plutus.
5709Nun ist es Zeit die Schätze zu entfesseln!
5710Die Schlösser treff’ ich mit des Herolds Ruthe.
5711Es thut sich auf! schaut her! in ehrnen Kesseln
5712Entwickelt sich’s und wallt von goldnem Blute,
5713Zunächst der Schmuck von Kronen, Ketten, Ringen;
5714Es schwillt und droht ihn schmelzend zu
verschlingen.
∞Wechselgeschrei der Menge.
5715Seht hier, o hin! wie’s reichlich quillt,
5716Die Kiste bis zum Rande füllt. –
5717Gefäße goldne schmelzen sich,
5718Gemünzte Rollen wälzen sich. –
5719Dukaten hüpfen wie geprägt,
5720O wie mir das den Busen regt –
300
5721Wie schau ich alle mein Begehr!
5722Da kollern sie am Boden her. –
5723Man bietet’s euch, benutzt’s nur gleich
5724Und bückt euch nur und werdet reich. –
5725Wir andern, rüstig wie der Blitz,
5726Wir nehmen den Koffer in Besitz.
∞Herold.
5727Was soll’s, ihr Thoren? soll mir das?
5728Es ist ja nur ein Maskenspaß.
5729Heut Abend wird nicht mehr begehrt;
5730Glaubt ihr man geb euch Gold und Werth?
5731Sind doch für euch in diesem Spiel
5732Selbst Rechenpfennige zu viel.
5733Ihr Täppischen! ein artiger Schein
5734Soll gleich die plumpe Wahrheit seyn.
5735Was soll euch Wahrheit? – Dumpfen Wahn
5736Packt ihr an allen Zipfeln an. –
5737Vermummter Plutus, Maskenheld,
5738Schlag dieses Volk mir aus dem Feld.
∞Plutus.
5739Dein Stab ist wohl dazu bereit,
5740Verleih’ ihn mir auf kurze Zeit. –
5741Ich tauch’ ihn rasch in Sud und Gluth. –
5742Nun! Masken seyd auf eurer Hut.
5743Wie’s blitzt und platzt, in Funken sprüht!
5744Der Stab schon ist er angeglüht.
5745Wer sich zu nah herangedrängt
5746Ist unbarmherzig gleich versengt –
5747Jetzt fang’ ich meinen Umgang an.
5748O weh! Es ist um uns gethan. –
5749Entfliehe wer entfliehen kann! –
5750Zurück, zurück du Hintermann! –
5751Mir sprüht es heiß in’s Angesicht. –
5752Mich drückt des glühenden Stabs Gewicht –
5753Verloren sind wir all und all. –
5754Zurück, zurück du Maskenschwall!
5755Zurück, zurück, unsinniger Hauf –
5756O hätt’ ich Flügel flög ich auf. –
∞Plutus.
5757Schon ist der Kreis zurückgedrängt
5758Und niemand glaub’ ich ist versengt,
5759Die Menge weicht;
5760Sie ist verscheucht. –
5761Doch solcher Ordnung Unterpfand
5762Zieh’ ich ein unsichtbares Band.
∞Geiz.
5767So kann man doch, wenn es beliebt,
5768Vergnüglich diesen Kreis beschauen;
5769Denn immerfort sind vornen an die Frauen
5770Wo’s was zu gaffen, was zu naschen gibt.
302
5771Noch bin ich nicht so völlig eingerostet!
5772Ein schönes Weib ist immer schön;
5773Und heute weil es mich nichts kostet,
5774So wollen wir getrost sponsiren gehn.
5775Doch weil am überfüllten Orte
5776Nicht jedem Ohr vernehmlich alle Worte,
5777Versuch’ ich klug und hoff’ es soll mir glücken,
5778Mich pantominisch deutlich auszudrücken.
5779Hand, Fuß, Geberde reicht mir da nicht hin,
5780Da muß ich mich um einen Schwank bemühn.
5781Wie feuchten Thon will ich das Gold behandeln,
5782Denn dieß Metall läßt sich in alles wandeln.
∞Herold.
5783Was fängt der an der mag’re Thor!
5784Hat so ein Hungermann Humor?
5785Er knetet alles Gold zu Teig,
5786Ihm wird es untern Händen weich,
5787Wie er es drückt und wie es ballt
5788Bleibt’s immer doch nur ungestalt.
5789Er wendet sich zu den Weibern dort,
5790Sie schreien alle, möchten fort,
5791Geberden sich gar widerwärtig;
5792Der Schalk erweis’t sich übelfertig.
5793Ich fürchte daß er sich ergetzt
5794Wenn er die Sittlichkeit verletzt.
5795Dazu darf ich nicht schweigsam bleiben,
5796Gib meinen Stab, ihn zu vertreiben.
∞Plutus.
5797Er ahnet nicht was uns von außen droht;
5798Lass’ ihn die Narrentheidung treiben,
5799Ihm wird kein Raum für seine Possen bleiben;
5800Gesetz ist mächtig, mächtiger ist die Noth.
∞Plutus.
5807Ich kenn’ euch wohl und euren großen Pan!
5808Zusammen habt ihr kühnen Schritt gethan.
5809Ich weiß recht gut was nicht ein jeder weiß,
5810Und öffne schuldig diesen engen Kreis.
5811Mag sie ein gut Geschick begleiten!
5812Das wunderlichste kann geschehn;
5813Sie wissen nicht wohin sie schreiten,
5814Sie haben sich nicht vorgesehn.
∞Wildgesang.
∞Faunen.
5819Die Faunenschaar
5820Im lustigen Tanz,
5821Den Eichenkranz
5822Im krausen Haar,
5823Ein feines zugespitztes Ohr
5824Dringt an dem Lockenkopf hervor,
5825Ein stumpfes Näschen, ein breit Gesicht
5826Das schadet alles bei Frauen nicht.
5827Dem Faun wenn er die Patsche reicht
5828Versagt die Schönste den Tanz nicht leicht.
∞Satyr.
5829Der Satyr hüpft nun hinterdrein
5830Mit Ziegenfuß und dürrem Bein,
5831Ihm sollen sie mager und sehnig seyn,
5832Und gemsenartig auf Bergeshöhn
5833Belustigt er sich umherzusehn.
5834In Freiheitsluft erquickt alsdann
5835Verhöhnt er Kind und Weib und Mann,
5836Die tief in Thales Dampf und Rauch
5837Behaglich meinen sie lebten auch,
5838Da ihm doch rein und ungestört
5839Die Welt dort oben allein gehört.
∞Gnomen.
5840Da trippelt ein die kleine Schaar,
5841Sie hält nicht gern sich Paar und Paar;
5842Im moosigen Kleid mit Lämplein hell
5843Bewegt sichs durcheinander schnell,
305
5844Wo jedes für sich selber schafft,
5845Wie Leuchtameisen wimmelhaft;
5846Und wuselt emsig hin und her,
5847Beschäftigt in die Kreuz und Quer.
5848Den frommen Gütchen nah
verwandt,
5849Als Felschirurgen wohl bekannt;
5850Die hohen Berge schröpfen wir,
5851Aus vollen Adern schöpfen wir;
5852Metalle stürzen wir zu Hauf,
5853Mit Gruß getrost: Glück auf! Glück auf!
5854Das ist von Grund aus wohl gemeint:
5855Wir sind der guten Menschen Freund.
5856Doch bringen wir das Gold zu Tag
5857Damit man stehlen und kuppeln mag,
5858Nicht Eisen fehle dem stolzen Mann,
5859Der allgemeinen Mord ersann.
5860Und wer die drey Gebot veracht’t
5861Sich auch nichts aus den andern macht.
5862Das alles ist nicht unsre Schuld,
5863Drum habt sofort wie wir Geduld.
∞Riesen.
5864Die wilden Männer sind’s genannt,
5865Am Harzgebirge wohl bekannt,
5866Natürlich nackt in aller Kraft,
5867Sie kommen sämmtlich riesenhaft.
5868Den Fichtenstamm in rechter Hand
5869Und um den Leib ein wulstig Band,
5870Den derbsten Schurz von Zweig und Blatt,
5871Leibwache wie der Papst nicht hat.
∞Nymphen im
Chor.
∞Sie umschließen den
großen Pan.
5872Auch kommt er an! –
5873Das All der Welt
5874Wird vorgestellt
5875Im großen Pan.
5876Ihr heitersten umgebet ihn,
5877Im Gaukeltanz umschwebet ihn,
5878Denn weil er ernst und gut dabei,
5879So will er daß man fröhlich sey.
5880Auch unterm blauen Wölbedach
5881Verhielt er sich beständig wach,
5882Doch rieseln ihm die Bäche zu,
5883Und Lüftlein wiegen ihn mild in Ruh.
5884Und wenn er zu Mittage schläft
5885Sich nicht das Blatt am Zweige regt;
5886Gesunder Pflanzen Balsamduft
5887Erfüllt die schweigsam stille Luft;
5888Die Nymphe darf nicht munter seyn
5889Und wo sie stand da schläft sie ein.
5890Wenn unerwartet mit Gewalt
5891Dann aber seine Stimm erschallt,
5892Wie Blitzes Knattern, Meergebraus,
5893Dann niemand weiß wo ein noch aus,
5894Zerstreut sich tapfres Heer im Feld
5895Und im Getümmel bebt der Held.
5896So ehre dem, dem Ehre gebührt
5897Und Heil ihm der uns hergeführt!
∞Deputation
der Gnomen.
∞An den großen
Pan.
5898Wenn das glänzend reiche Gute
5899Fadenweis durch Klüfte streicht,
5900Nur der klugen Wünschelruthe
5901Seine Labyrinthe zeigt,
5902Wölben wir in dunklen Grüften
5903Troglodytisch unser Haus,
5904Und an reinen Tageslüften,
5905Theilst du Schätze gnädig aus.
5906Nun entdecken wir hieneben
5907Eine Quelle wunderbar,
5908Die bequem verspricht zu geben
5909Was kaum zu erreichen war.
∞Plutus
∞zum Herold.
5914Wir müssen uns im hohen Sinne fassen
5915Und was geschieht getrost geschehen lassen,
5916Du bist ja sonst des stärksten Muthes voll.
5917Nun wird sich gleich ein Gräulichstes eräugnen,
5918Hartnäckig wird es Welt und Nachwelt läugnen:
5919Du schreib’ es treulich in dein Protokoll.
∞Herold
∞(den Stab anfassend,
welchen Plutus in der Hand behält).
5920Die Zwerge führen den großen Pan
5921Zur Feuerquelle sacht heran,
5922Sie siedet auf vom tiefsten Schlund,
5923Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund,
5924Und finster steht der offne Mund;
5925Wallt wieder auf in Gluth und Sud,
5926Der große Pan steht wohlgemuth
5927Freut sich des wundersamen Dings.
5928Und Perlenschaum sprüht recht und links,
5929Wie mag er solchen Wesen traun?
5930Er bückt sich tief hinein zu schaun. –
5931Nun aber fällt sein Bart hinein! –
5932Wer mag das glatte Kinn wohl seyn?
5933Die Hand verbirgt es unserm Blick. –
5934Nun folgt ein großes Ungeschick,
5935Der Bart entflammt und fliegt zurück,
5936Entzündet Kranz und Haupt und Brust,
5937Zu Leiden wandelt sich die Lust. –
5938Zu löschen läuft die Schaar herbei,
5939Doch keiner bleibt von Flammen frei,
5940Und wie es patscht und wie es schlägt
5941Wird neues Flammen aufgeregt;
5942Verflochten in das Element
5943Ein ganzer Maskenklump verbrennt.
5944Was aber hör’ ich wird uns kund
5945Von Ohr zu Ohr, von Mund zu Mund!
309
5946O ewig unglücksel’ge Nacht
5947Was hast du uns für Leid gebracht!
5948Verkünden wird der nächste Tag
5949Was niemand willig hören mag;
5950Doch hör’ ich aller Orten schrein
5951„Der Kaiser,“
leidet solche Pein.
5952O wäre doch ein andres wahr!
5953Der Kaiser brennt und seine Schaar.
5954Sie sey verflucht die ihn verführt,
5955In harzig Reis sich eingeschnürt.
5956Zu toben her mit Brüll-Gesang
5957Zu allerseitigem Untergang.
5958O Jugend, Jugend wirst du nie
5959Der Freude reines Maß bezirken?
5960O Hoheit, Hoheit wirst du nie
5961Vernünftig wie allmächtig wirken?
∞Plutus.
5970Schrecken ist genug verbreitet,
5971Hülfe sey nun eingeleitet! –
310
5972Schlage heil’gen Stabs Gewalt,
5973Daß der Boden bebt und schallt!
5974Du geräumig weite Luft
5975Fülle dich mit kühlem Duft.
5976Zieht heran, umherzuschweifen,
5977Nebeldünste, schwangre Streifen,
5978Deckt ein flammendes Gewühl;
5979Rieselt, säuselt, Wölkchen kräuselt,
5980Schlüpfet wallend, leise dämpfet,
5981Löschend überall bekämpfet,
5982Ihr, die lindernden, die feuchten,
5983Wandelt in ein Wetterleuchten
5984Solcher eitlen Flamme Spiel. –
5985Drohen Geister uns zu schädigen
5986Soll sich die Magie bethätigen.