∞(Der Schauplatz verwandelt sich durchaus. An eine Reihe
von Felsenhöhlen lehnen sich geschloßne Lauben. Schattiger Hain bis an die
rings umgebende Felsensteile hinan. Faust und Helena werden nicht gesehen.
Der Chor liegt schlafend vertheilt umher.)
∞Phorkyas.
9574Wie lange Zeit die Mädchen schlafen weiß ich nicht,
9575Ob sie sich träumen ließen was ich hell und klar
9576Vor Augen sah, ist ebenfalls mir unbekannt.
9577Drum weck’ ich sie. Erstaunen soll das junge Volk;
9578Ihr Bärtigen auch, die ihr da drunten sitzend harrt,
9579Glaubhafter Wunder Lösung endlich anzuschaun –
9580Hervor! hervor! Und schüttelt eure Locken rasch;
9581Schlaf aus den Augen! Blinzt nicht so, und hört mich an!
∞Chor.
9582Rede nur, erzähl’ erzähle was sich Wunderlichs begeben,
9583Hören möchten wir am liebsten was wir gar nicht glauben
können,
9584Denn wir haben lange Weile diese Felsen anzusehn.
∞
Phork.
9585Kaum die Augen ausgerieben Kinder langeweilt ihr schon!
9586So vernehmt: in diesen Höhlen, diesen Grotten diesen Lauben
9587Schutz und Schirmung war verliehen, wie idyllischem
Liebespaare,
9588Unserm Herrn und unsrer Frauen.
∞
Phork:
9588Abgesondert
9589Von der Welt, nur mich die Eine riefen sie zu stillem
Dienste.
9590Hochgeehrt stand ich zur Seite, doch, wie es Vertrauten
ziemet,
9591Schaut ich um nach
etwas andrem. Wendete mich hier- und dorthin,
9592Suchte Wurzeln, Moos und Rinden, kundig aller Wirksamkeiten,
9593Und so blieben sie allein.
∞Chor
9594Thust du doch als ob da drinne ganze Weltenräume wären,
9595Wald und Wiese, Bäche, Seen, welche Mährchen spinnst du ab!
∞
Phork.
9596Allerdings, ihr Unerfahrnen! das sind unerforschte
Tiefen:
9597Saal an Sälen, Hof an Höfen, diese spürt’ ich sinnend
aus.
9598Doch auf einmal ein Gelächter echo’t in den
Höhlen-Räumen;
9599Schau’ ich hin, da springt ein Knabe von der Frauenschoos zum
Manne,
9600Von dem Vater zu der Mutter; das Gekose das Getändel,
9601Thöriger Liebe Neckereien, Scherzgeschrei und Lustgejauchze
9602Wechselnd übertäuben mich.
9603Nackt ein Genius ohne Flügel, faunenartig ohne Thierheit,
9604Springt er auf den festen Boden, doch der Boden
gegenwirkend
9605Schnellt ihn zu der luft’gen Höhe, und im zweiten dritten
Sprunge
9606Rührt er an das Hochgewölb.
9607 Aengstlich ruft die Mutter: springe wiederholt
und nach Belieben,
9608Aber hüte dich zu fliegen, freier
Flug ist dir versagt.
9609Und so mahnt der treue Vater: in der Erde liegt die Schnellkraft,
9610Die dich aufwärts treibt, berühre mit der Zehe nur den
Boden
9611Wie der Erdensohn Antäus bist du alsobald gestärkt.
9612Und so hüpft er auf die Masse dieses Felsens, von der
Kante
9613Zu dem andern und umher so wie ein Ball geschlagen
springt.
9614Doch auf einmal in der Spalte rauher Schlucht ist er
verschwunden,
9615Und nun scheint er uns verloren. Mutter jammert, Vater
tröstet,
9616Achselzuckend steh ich ängstlich. Doch nun wieder welch Erscheinen.
9617Liegen Schätze dort verborgen? blumenstreifige Gewande
9618Hat er würdig angethan.
9619Quasten schwanken von den Armen, Binden flattern um den
Busen,
9620In der Hand die goldne Leyer, völlig wie ein kleiner Phöbus
9621Tritt er wohlgemuth zur Kante, zu dem Ueberhang;
wir staunen.
9622Und die Eltern vor Entzücken werfen wechselnd sich ans Herz.
9623Denn wie leuchtet’s ihm zu Haupten? Was erglänzt ist schwer
zu sagen,
9624Ist es Goldschmuck, ist es Flamme übermächtiger
Geisteskraft.
9625Und so regt er sich gebärdend, sich als Knabe schon
verkündend
9626Künftigen Meister alles Schönen, dem die ewigen Melodieen
9627Durch die Glieder sich bewegen; und so werdet ihr ihn
hören,
9628Und so werdet ihr ihn sehn zu einzigster Bewunderung.
∞Chor.
9629Nennst du ein Wunder dieß,
9630Creta’s Erzeugte?
9631Dichtend belehrendem Wort
9632Hast du gelauscht wohl nimmer?
9633Niemals noch gehört Ioniens,
9634Nie vernommen auch Hellas
9635Urväterlicher Sagen
9636Göttlich-heldenhaften Reichthum?
9637Alles was je geschieht
9638Heutiges Tages
9639Trauriger Nachklang ist’s
9640Herrlicher Ahnherrn-Tage
9641Nicht vergleicht sich dein Erzählen
9642Dem was liebliche Lüge
9643Glaubhaftiger als Wahrheit
9644Von dem Sohne sang der Maja.
9645Diesen zierlich und kräftig doch
9646Kaum geborenen Säugling
9647Faltet in reinster Windeln Flaum,
9648Strenget in köstlicher Wickeln Schmuck
9649Klatschender Wärterinnen Schaar
9650Unvernünftigen Wähnens.
9651Kräftig und zierlich aber zieht
9652Schon der Schalk die geschmeidigen
9653Doch elastischen Glieder
9654Listig heraus, die purpurne
9655Ängstlich drückende Schaale
9656Lassend ruhig an seiner Statt.
9657Gleich dem fertigen Schmetterling
9658Der aus starrem Puppenzwang
9659Flügel entfaltend behendig schlüpft
9660Sonne durchstrahlten Aether kühn
9661Und muthwillig durchflatternd.
9662So auch er der behendeste,
9663Daß er Dieben und Schälken,
9664Vortheil suchenden allen auch
9665Ewig günstiger Dämon sey.
9666Dieß bethätigt er alsobald
9667Durch gewandteste Künste.
9668Schnell des Meres Beherrscher stiehlt
9669Er den Trident, ja dem Ares selbst
9670Schlau das Schwert aus der
Scheide:
9671Bogen und Pfeil dem Phöbus auch,
9672Wie dem Hephästos die Zange;
9673Selber Zeus, des Vaters, Blitz
9674Nähm’ er, schreckt’ ihn das Feuer nicht;
9675Doch dem Eros siegt er ob
9676In beinstellendem Ringerspiel,
9677Raubt auch Cyprien, wie sie ihm kos’t,
9678Noch vom Busen den Gürtel.
∞(Ein reizendes, reinmelodisches Saitenspiel erklingt
aus der Höhle. Alle merken auf und scheinen bald innig gerührt. Von hier an bis zur
bemerkten Pause durchaus
mit vollstimmiger Musik.)
∞Phorkyas.
9679Höret allerliebste Klänge,
9680Macht euch schnell von Fabeln frei,
9681Eurer Götter alt Gemenge
9682Laßt es hin, es ist vorbei.
9683Niemand will euch mehr verstehen,
9684Fordern wir doch höhern Zoll:
9685Denn es muß von Herzen gehen,
9686Was auf Herzen wirken soll.
∞(sie zieht sich nach den Felsen zurück)
∞Chor.
∞Euphorion.
∞Helena.
∞Faust.
∞Chor.
∞Euphorion.
∞Faust.
∞Euphorion.
∞Helena.
∞Helena und Faust.
9755Wenn du der Arme Paar
9756Lieblich bewegest;
9757Im Glanz dein lockig Haar
9758Schüttlend erregest,
9759Wenn dir der Fuß so leicht
9760 Ueber die Erde schleicht,
9761Dort und da wieder hin
9762Glieder um Glied sich ziehn,
9763Hast du dein Ziel erreicht
9764Liebliches Kind;
9765All’ unsre Herzen sind
9766All dir geneigt.
∞(Pause)
∞Euphorion.
∞Chor.
∞Euphorion.
9785Welch ein Muthwill! welch ein Rasen!
9786Keine Mässigung ist zu hoffen.
9787Klingt es doch wie Hörnerblasen
9788 Ueber Thal und Wälder dröhnend,
9789Welch ein Unfug! welch Geschrei!
∞Chor.
∞(Einzeln schnell eintretend)
9790Uns ist er vorbei gelaufen,
9791Mit Verachtung uns verhöhnend,
9792Schleppt er von dem ganzen Haufen
9793Nun die wildeste herbei.
∞Euphorion
∞(ein junges Mädchen hereintragend)
9794Schlepp’ ich her die derbe
Kleine
9795Zu erzwungenem Genusse.
9796Mir zur Wonne, mir zur Lust
9797Drück’ ich widerspenstige Brust,
9798Küß ich widerwärtigen Mund,
9799Thue Kraft und Willen kund.
∞Mädchen.
9800Laß mich los! In dieser Hülle
9801Ist auch Geistes Muth und Kraft,
9802Deinem gleich ist unser Wille
9803Nicht so leicht hinweggerafft.
9804Glaubst du wohl mich im Gedränge?
9805Deinem Arm vertraust du viel!
9806Halte fest, und ich versenge
9807Dich den Thoren mir zum Spiel.
∞(sie flammt auf und lodert in die Höhe)
9808Folge mir in leichte Lüfte,
9809Folge mir in starre Grüfte,
9810Hasche das verschwundne Ziel.
∞Euphorion
∞(die letzten Flammen abschüttelnd)
9811Felsengedränge hier
9812Zwischen dem Waldgebüsch,
9813Was soll die Enge mir,
9814Bin ich doch jung und frisch.
9815Winde sie sausen ja,
9816Wellen sie brausen da
9817Hör’ ich doch beides fern
9818Nah wär ich gern.
∞(er springt immer höher Fels auf)
∞Euphorion.
∞Chor.
∞Euphorion.
∞Chor.
∞Euphorion.
∞Chor.
∞Euphorion.
∞Chor.
∞Euphorion.
9870Nein, nicht ein Kind bin ich erschienen,
9871In Waffen kommt der Jüngling an;
9872Gesellt zu Starken, Freien, Kühnen,
9873Hat er im Geiste schon gethan.
9874Nun fort!
9875Nun dort
9876Eröffnet sich zum Ruhm die Bahn.
9877Kaum ins Leben eingerufen,
9878Heitrem Tag gegeben kaum,
9879Sehnest du von Schwindelstufen
9880Dich zu schmerzenvollem Raum.
9881Sind denn wir
9882Gar nichts dir?
9883Ist der holde Bund ein Traum?
∞Euphorion.
9884Und hört ihr donnern auf dem Meere?
9885Dort wiederdonnern Thal um Thal,
9886In Staub und Wellen Heer dem Heere,
9887In Drang um Drang zu Schmerz und Qual.
9888Und der Tod
9889Ist Gebot,
9890Das versteht sich nun einmal.
∞Euphorion.
9897Doch! – und ein Flügelpaar
9898Faltet sich los.
9899Dorthin! Ich muß! ich muß!
9900Gönn’t mir den Flug!
∞(er wirft sich in die Lüfte, die Gewande tragen ihn
einen Augenblick, sein Haupt strahlt, ein Lichtschweif zieht
nach)
∞(Ein schöner Jüngling stürzt zu der Eltern Füßen, man
glaubt in dem Todten eine bekannte Gestalt zu erblicken; doch das
Körperliche verschwindet sogleich, die Aureole steigt wie ein Komet zum
Himmel auf, Kleid, Mantel und Lyra bleiben liegen)
∞
Pause)
∞Chor
∞(Trauergesang)
9907Nicht allein! – wo du auch weilest,
9908Denn wir glauben dich zu kennen,
9909Ach! wenn du dem Tag enteilest
9910Wird kein Herz von dir sich trennen.
9911Wüßten wir doch kaum zu klagen,
9912Neidend singen wir dein Loos:
9913Dir in klar und trüben Tagen
9914Lied und Muth war schön und groß.
9915Ach! zum Erdenglück geboren,
9916Hoher Ahnen, großer Kraft,
9917Leider! früh dir selbst verloren,
9918Jugendblüthe weggerafft.
9919Scharfer Blick die Welt zu schauen,
9920Mitsinn jedem Herzensdrang,
9921Liebesglut der besten Frauen
9922Und ein eigenster Gesang.
∞(Völlige Pause. Die Musik hört auf)
∞Helena
∞(zu Faust)
9939Ein altes Wort bewährt sich leider auch an mir:
9940Daß Glück und Schönheit dauerhaft sich nicht vereint.
9941Zerrissen ist des Lebens wie der Liebe Band,
9942Betraurend beide, sag ich schmerzlich Lebewohl!
9943Und werfe mich noch einmal in die Arme dir.
9944Persephoneia nimm den Knaben auf und mich.
∞(Sie umarmt Faust, das Körperliche verschwindet, Kleid
und Schleier bleiben ihm in den Armen)
∞Phorkyas
∞(zu Faust)
9945Halte fest was dir von allem übrig blieb.
9946Das Kleid laß es nicht los. Da zupfen schon
9947Dämonen an den Zipfeln, möchten gern
9948Zur Unterwelt es reißen. Halte fest!
9949Die Göttin ist’s nicht mehr die du verlorst,
9950Doch göttlich ist’s. Bediene dich der hohen
9951Unschätzbar’n Gunst und hebe dich empor,
9952Es trägt dich über alles Gemeine rasch
9953Am Aether hin, so lange du dauern kannst.
9954Wir sehn uns wieder, weit gar weit von hier.
∞(Helenens Gewande lösen sich in Wolken auf, umgeben
Faust, heben ihn in die Höhe und ziehen mit ihm vorüber)
∞Phorkyas
∞(Nimmt Euphorions Kleid Mantel und Lyra von der
Erde, tritt ins Proscenium, hebt die Exuvien in die Höhe und
spricht)
9955Noch immer glücklich aufgefunden!
9956Die Flamme freilich ist verschwunden,
9957Doch ist mir um die Welt nicht leid.
9958Hier bleibt genug Poeten einzuweihen,
9959Zu stiften Gild- und Handwerksneid;
9960Und kann ich die Talente nicht verleihen,
9961Verborg ich wenigstens das Kleid.
∞(sie setzt sich im Proscenium an eine Säule
nieder)
∞
Panthalis.
9962Nun eilig Mädchen! Sind wir doch den Zauber los,
9963Der alt thessalischen Vettel wüsten Geisteszwang;
9964So des Geklimpers vielverworrner Töne Rausch,
9965Das Ohr verwirrend, schlimmer noch den innern Sinn.
9966Hinab zum Hades! Eilte doch die Königin
9967Mit ernstem Gang hinunter. Ihrer Sohle sey
9968Unmittelbar getreuer Mägde Schritt gefügt.
9969Wir finden sie am Throne der Unerforschlichen.
∞Chor.
9970Königinnen freilich überall sind sie gern;
9971Auch im Hades stehen sie oben an,
9972Stolz zu ihres Gleichen gesellt,
9973Mit Persephonen innigst vertraut;
9974Aber wir im Hintergrunde
9975Tiefer Asphodelos-Wiesen,
9976Langgestreckten Pappeln,
9977Unfruchtbaren Weiden zugesellt,
9978Welchen Zeitvertreib haben wir?
9979Fledermausgleich zu piepsen,
9980Geflüster, unerfreulich, gespenstig.
∞
Panthalis.
9981Wer keinen Namen sich erwarb, noch Edles will,
9982Gehört den Elementen an, so fahret hin!
9983Mit meiner Königin zu seyn verlangt mich heiß;
9984Nicht nur Verdienst, auch Treue wahrt uns die Person.
∞(ab)
∞Alle.
∞Ein Theil des Chors.
9992Wir in dieser tausend Aeste Flüsterzittern,
Säuselschweben,
9993Reizen tändlend, locken leise, wurzelauf des Lebens
Quellen
9994Nach den Zweigen; bald mit Blättern, bald mit Blüten
überschwenglich
9995Zieren wir die Flatterhaare frei zu luftigem Gedeihn.
9996Fällt die Frucht, sogleich versammeln, lebenslustig Volk und
Heerden,
9997Sich zum Greifen, sich zum Naschen, eilig kommend, emsig
drängend;
9998Und, wie vor den ersten Göttern, bückt sich alles um uns
her.
∞Ein anderer Theil.
9999Wir an dieser Felsenwände weithinleuchtend glattem
Spiegel
10000Schmiegen wir, in sanften Wellen uns bewegend, schmeichelnd
an;
10001Horchen, lauschen jedem Laute, Vogelsängen,
Röhrigflöten,
10002Sey es Pans furchtbarer Stimme, Antwort ist sogleich bereit;
10003Säuselt’s, säuseln wir erwiedernd, donnert’s, rollen unsre
Donner
10004In erschütterndem Verdoppeln, dreyfach, zehnfach hinten
nach.
∞Ein dritter Theil.
10005Schwestern! Wir bewegtern Sinnes, eilen mit den Bächen
weiter;
10006Denn es reizen jener Ferne reichgeschmückte Hügelzüge,
10007Immer abwärts, immer tiefer, wässern wir, mäandrisch
wallend,
10008Jetzt die Wiese, dann die Matten, gleich den Garten um das
Haus.
10009Dort bezeichnen’s der Cypressen schlanke Wipfel, über
Landschaft,
10010Uferzug und Wellenspiegel, nach dem Aether steigende.
∞Ein vierter Theil.
10011Wallt ihr andern wo’s beliebet, wir umzingeln wir
umrauschen
10012Den durchaus bepflanzten Hügel, wo am Stab die Rebe grünt;
10013Dort zu aller Tage Stunden läßt die Leidenschaft des
Winzers
10014Uns des liebevollsten Fleißes zweifelhaft Gelingen sehn.
10015Bald mit Hacke, bald mit Spaten, bald mit Häufeln, Schneiden,
Binden,
10016Betet er zu allen Göttern, fördersamst zum Sonnengott.
10017Bacchus kümmert sich, der Weichling, wenig um den treuen
Diener,
10018Ruht in Lauben, lehnt in Höhlen, faselnd mit dem jüngsten
Faun.
10019Was zu seiner Träumereyen halbem Rausch er je bedurfte,
10020Immer bleibt es ihm in Schläuchen, ihm in Krügen und
Gefäßen,
10021Rechts und links der kühlen Grüfte ewige Zeiten aufbewahrt.
10022Haben aber alle Götter, hat nun Helios vor allen,
10023Lüftend, feuchtend, wärmend, gluthend Beeren-Füllhorn
aufgehäuft,
10024Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird’s
lebendig,
10025Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock zu
Stock.
10026Körbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten ächzen hin,
10027Alles nach der großen Kufe zu der Keltrer kräftgem Tanz;
10028Und so wird die heilige Fülle reingeborner saftiger Beeren
10029Frech zertreten, schäumend, sprühend mischt sichs widerlich
zerquetscht.
10030Und nun gellt ins Ohr der Cymbeln mit der Becken Erzgetöne,
10031Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthüllt;
10032Komt hervor mit Ziegenfüßlern, schwenkend
Ziegenfüßlerinnen,
10033Und dazwischen schreit unbändig grell Silenus öhrig Thier.
10034Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte nieder,
10035Alle Sinne wirbeln taumlich, gräßlich übertäubt das Ohr.
10036Nach der Schaale tappen Trunkne, überfüllt sind Kopf und
Wänste,
10037Sorglich ist noch ein und andrer, doch vermehrt er die
Tumulte,
10038Denn um neuen Most zu bergen, leert man rasch den alten
Schlauch.
∞(Der Vorhang fällt)
∞
Phorkyas (Im Proscenium richtet sich riesenhaft auf,
tritt aber von den Cothurnen herunter, lehnt Maske und Schleier zurück und zeigt sich
als Mephistopheles, um, in so fern es
nöthig wäre, im Epilog das Stück zu comentiren)